„Der Tod lächelt uns alle an…

…das Einzige, was man machen kann, ist zurücklächeln.“ Dieses römische Zitat von Marcus Aurelius hat uns zwar nicht inspiriert für die neue Videoreihe zum Thema Bergwandern, es trifft den Nagel aber auf den Kopf. Dazu aber später!

Wandern hat vor allem bei der jungen Generation von Bergbegeisterten sehr schnell einen öden Beigeschmack. Neben Bouldern, Trailrunning oder Enduro Mountainbiken kann Wandern natürlich nicht mit ständigen Adrenalinschüben und Action punkten. Wenn man sich allerdings das Bergwandern-Publikum etwas genauer anschaut, dann kann von Überalterung keine Rede sein. Das ist auch der Grund, weshalb wir euch hier ein paar Tipps zum Thema Bergwandern näherbringen wollen!

Wie schwierig ist denn der Weg?

Bergwegeklassifizierung.
Bergwegeklassifizierung.

Bevor wir uns ins Gelände wagen, ist es notwendig, dass man sich Informationen zur geplanten Route einholt. Schnell wird klar: einheitlich sieht anders aus! Nicht einmal in Österreich gibt es ein einheitliches Konzept zur Klassifizierung der Wanderwege. In unseren Nachbarstaaten sieht es teilweise auch nicht viel besser aus und so bleibt uns nichts anderes übrig, als bei jeder Unternehmung genau hinzusehen und uns über die jeweils gültige Schwierigkeitsskala zu informieren. Ein schwarzer Bergweg in Tirol wird in Vorarlberg zum Beispiel mit Blau gekennzeichnet.

Tourenplanung

Sind wir uns darüber einig, wie schwierig die Tour ist und was uns in groben Zügen erwartet, so machen wir uns Gedanken zur Tourenplanung. Das Wichtigste zuerst! Die Tourenplanung darf nicht länger als ein Glas Wein dauern (Zitat Walter Würtl). Ansonsten wird´s ganz einfach mühsam und wird spätestens nach der zweiten oder dritten Tour nicht mehr gemacht.

Die wichtigsten Fragen sollten aber schnell geklärt sein:

  • Passt die Tour zu unserem Können? Also entsprechen Länge, Schwierigkeit,
  • Ausgesetztheit und die Höhenmeter unseren Erwartungen?
  • Mit wem sind wir unterwegs?
  • Wie sind die aktuellen Verhältnisse?
  • Wie wird das Wetter?
  • Passt die Ausrüstung zu unserer Tour?

Orientierung

Grundsätzlich sollte das Orientieren beim Bergwandern ja kein Problem sein, da wir uns auf markierten Wegen und Steigen bewegen, die in den Wanderkarten auch gut gekennzeichnet sind. Nach extremen Wettersituationen, bei Dunkelheit oder auch bei Nebel kann es aber durchaus vorkommen, dass die Wegfindung anspruchsvoller wird. Wanderkarten in Kombination mit einer Höhenmesser-Uhr helfen uns dabei, den Überblick zu behalten und heikle Situationen gut zu meistern. Wanderkarten im Maßstab 1:25 000 sind ideal, beim Bergwandern ist ein kleinerer Maßstab, also 1:50 000 aber in der Regel auch ausreichend. Bei Weitwanderwegen und Hüttenwanderungen gibt es manchmal sogenannte Sammelkarten, die die wichtigsten Kartenausschnitte auf einem gesammelten Kartenblatt darstellen, wie zum Beispiel die KOMPASS Karte E5 (Weitwanderweg von Oberstdorf nach Meran).

GPS-Geräte gehören auf Wanderungen der Vergangenheit an. Das Smartphone übernimmt diese Funktion, vorausgesetzt, die benötigte Karte ist offline gespeichert und wir verfügen über genug Batterie.

TIPP: Beim Wandern bleiben wir im Flugmodus und haben den benötigten Kartenausschnitt OFFLINE gespeichert. Die alpenvereinaktiv-App verfügt nicht nur über zahlreiche hinterlegte Wanderrouten, sondern eignet sich auch hervorragend für die Navigation im Offline-Modus. Eine kleine Notfall-Powerbank sollte bei längeren Wanderungen nicht fehlen, um die digitale Navigationsmöglichkeit sicherzustellen und im Fall des Falles einen Notruf absetzen zu können.

Achtung auf ausgesetzten Wegen

Ein Blick in die Unfallstatistik zeigt, dass Sturz und Absturz hinter dem Herzkreislaufversagen die häufigste Todesursache sind. Hier kommt den beiden Elementen „aktuelle Verhältnisse“ und „Ausrüstung“ ein besonderes Augenmerk zu. Sind Wege vereist oder in schlechtem Zustand, so kann ein anspruchsvoller Weg schnell zum haarsträubenden Abenteuer werden. Die aktuellen Verhältnisse findet man auf Tourenportalen oder man informiert sich vor Ort auf Hütten, bei Tourismusverbänden oder lokalen Bergführerbüros.

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die richtige Schuhwahl. Sneakers oder Turnschuhe sind bequem und für „Talhatscher“ absolut ausreichend. Wenn es allerdings ins verblockte oder Schrofengelände über der Waldgrenze geht, dann braucht es einen halbhohen oder vielleicht sogar knöchelhohen Wanderschuh. Vor allem beim Begehen von Schotterhalden bietet der knöchelhohe Wanderschuh viel mehr Schutz. Sind leichte Kletterpassagen oder sogar die Begehung eines Klettersteiges geplant, so bieten Zustiegsschuhe eine gute Alternative zu den oft klobigen Wanderschuhen.

Altschneefelder

Ein  Thema begegnet uns in der Unfallstatistik leider jedes Jahr  wieder: Das Ausrutschen auf Altschneefeldern. Die unkontrollierte Abfahrt auf einem Altschneefeld mit felsigem Auslauf kann lebensgefährlich sein. Wieder kommt dem Thema Tourenplanung eine hohe Bedeutung zu. Steile, vereiste Schneefelder sollten in der Früh unbedingt gemieden werden, da diese bei klaren Nächten pickelhart sind. Je weicher die Schneefelder im Tagesgang werden, desto ungefährlicher lassen sich diese auch begehen. Im Falle eines Ausrutschers kann dieser im weichen Schnee durch Einnehmen der Liegestützposition gebremst werden.

Üben am Schneefeld
Üben am Schneefeld.

TIPP: Snowspikes wiegen in etwa 250Gramm, also ungefähr halb so viel wie ein stabiler Biwacksack, und schützen verlässlich gegen das Ausrutschen auf vereisten Felsen, nassem Gras oder eben Schneefeldern. Darum gehören Spikes zu unserer Standardausrüstung, wenn wir Gefahr laufen, auf Altschneefelder zu treffen – vor allem zu Beginn der Wandersaison. Übrigens, Altschneefelder gibt es auch im Spätherbst. Dann nämlich, wenn es sehr früh geschneit hat (September) und darauf eine lange Schönwetterperiode folgt.

Alpine Gefahren

Wie auch bei allen anderen Bergsportarten sind wir beim Bergwandern alpinen Gefahren ausgesetzt. Vor allem das Wetter ist in den Bergen oft schwer einzuschätzen. Ausreichend Flüssigkeit und Sonnenschutz sind vor allem im Hochsommer wichtig. Im Frühjahr und im Herbst gilt es vor allem, die hohen Temperaturschwankungen in den Griff zu bekommen. Auf 2000 Metern muss bei Durchzug einer Kaltfront auch im Sommer mit Schneefall gerechnet werden. Hardshelljacke, Isolationsschicht (Primaloft oder Daune) und Unterwäsche zum Wechseln sind deshalb das ganze Jahr über im Rucksack, wenn man hoch hinaus möchte.

Mutterkühe

Echt jetzt? Kein Scherz… häufig kommt es vor, dass wir an bewirtschafteten Almen vorbeikommen und Weideland kreuzen. Leider kam es dabei schon des Öfteren vor, dass die respektlose Begegnung mit Kühen und ihren Kälbern in schweren Unfällen resultierte. Fast immer waren dabei Hunde involviert. Deshalb gilt es, abgetrennte Bereiche, in denen Mutterkühe und Kälber gehalten werden, auf jeden Fall zu meiden. Mit Hunden müssen diese Bereiche auf jeden Fall gemieden werden!

Mutterkühe
Mutterkühe.

Erste Hilfe

Das Erste Hilfe-Paket und ein stabiler Zwei-Personen-Biwacksack gehören standardmäßig in jeden Rucksack. Vor allem die Rettungsdecke und das Mitführen einer Israeli-Bandage gehören mittlerweile zum „Goldstandard“. Was es zum Thema Erste Hilfe am Berg zu wissen gibt und wie ihr die Rettungsdecke und Israeli-Bandage richtig anwendet, könnt ihr inden Video-Tutorials zur taktischen Alpinmedizin unter www.sicheramberg.at ansehen. Ein guter Trick ist das Verwenden der Rettungsdecke als Tragering. Mit zwei zusammengeknoteten Alu-Rettungsdecken lassen sich verletzte Personen ein gutes Stück weit tragen, um schnell aus einem Gefahrenbereich zu kommen.

Tragesystem Rettungsdecke
Tragesystem Rettungsdecke.

Übernachten

Mehrtageswanderungen liegen ganz klar im Trend. Durchquerungen von Gebirgsgruppen wie der Stubaier Höhenweg oder der Berliner Höhenweg im Zillertal boomen und werden von vielen Bergbegeisterten jedes Jahr beschritten. Die momentane Situation aufgrund der Corona-Pandemie hat einen neuen Trend hervorgebracht, nämlich das Übernachten im Zelt. Grundsätzlich ist dagegen ja nix einzuwenden, allerdings gilt es auch hier, ein gewisses Maß an Sensibilität mitzubringen. Das Übernachten in Hüttennähe ist selten gerne gesehen und in einigen Bundesländern auch dezidiert verboten. Das Campieren in Nationalparks und Schutzgebieten obliegt ebenfalls eigenen Regeln und sollte auch wirklich bedacht werden, da ansonsten empfindliche Strafen drohen. Alle wichtigen Infos zum Campieren in den Bergen gibt es HIER.

Umweltschutz

Leider sind wir in Österreich noch nicht so weit wie unsere Schweizer Nachbarn, wo die öffentlichen Verkehrsmittel für alle und jede noch so kleinen Seitentäler perfekt ausgebaut sind. Bei vielen Sportarten, vor allem im Winter, ist es darum auch nachvollziehbar, dass das Auto immer noch das Mittel der Wahl ist, um in die Berge zu kommen. Beim Bergwandern stellt sich die Situation aber doch etwas anders dar. Wir sind überwiegend in den warmen Jahreszeiten unterwegs und wir schleppen nicht Unmengen an Material wie Ski, Hochtourenausrüstung oder gar Mountainbikes durch die Gegend. Auch bei mehrtägigen Unternehmungen (ausgenommen beim Campieren) sollte unser Rucksack die kritische Marke von 8 Kilogramm nicht übersteigen, weshalb es absolut sinnvoll und zumutbar ist, mit Bus oder Bahn anzureisen. Außerdem spart man sich die oft teuren Parkplatzgebühren.

Sicher am Berg – Videoreihe ‚Bergwandern‘

Der TOD wandert mit! Aber keine Angst! In unserem Fall ist der Tod ein tollpatschiger und nicht sehr begabter Wegbegleiter, der uns durch die sieben Video-Tutorials zum Thema Bergwandern begleitet. Unter www.sicheramberg.at könnt ihr euch die lustigen, aber sehr informativen Tutorials rund ums Thema Bergwandern anschauen.

Folgende Themen werden dort behandelt:

  • #1: Gesund am Berg
  • #2: Planung und Ausrüstung
  • #3: Wegeklassifizierung
  • #4: Orientierung
  • #5: Trittsicherheit
  • #6: Wandern mit Kindern
  • #7: Altschneefelder
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Thomas Wanner ist ist staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und Mitarbeiter in der Abteilung Bergsport für die Bereiche Ausbildung und Sicherheit.

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