Immer wieder hört und liest man von intakten oder gestörten Ökosystemen. Von Lebensräumen also, deren Gefüge noch funktionstüchtig ist oder schon zusammengebrochen.
Wie aber oder woran sind diese intakten Ökosysteme zu erkennen?
Hilfreich dabei sind sogenannte Zeiger oder Indikatorarten, auch Bioindikatoren genannt. Das sind Arten, deren Vorhandensein anzeigt, dass dieser Lebensraum noch funktionsfähig ist und seine Leistungen zur Gänze erfüllen kann. Leuchtkäfer, besser bekannt als Glühwürmchen, zählen zu solchen Indikatorarten. Anzutreffen sind sie an Waldrändern, Heckenzügen und in Gebüschen, auf Feuchtwiesen, Magerrasen, Brachen und in Weinbergen.
Voraussetzung für ihr Vorkommen ist die extensive Bewirtschaftung ihrer Lebensräume. Das bedeutet: biologischer Anbau ohne Pestizideinsatz, naturnahe Lebensräume ohne künstliche Beleuchtung und vielfältige Strukturen. Zu beobachten sind sie in warmen Sommernächten im Juni und Juli. Spannendes Detail am Rande: Glühwürmchenlarven sind Schneckenjäger. Mit giftigen Bissen töten sie die Schnecken und fressen diese dann auf. In Österreich beheimatet ist der Kleine und der Große Leuchtkäfer sowie der Kurzflügel-Leuchtkäfer.
LUFT
Baumbewohnende Flechten sind sehr empfindlich gegenüber Luftverschmutzung und somit ein Gradmesser für die Luftgüte. Deshalb besiedeln sie nur Orte mit guter Luft. Sind die Bäume dicht mit Flechten (z.B. Baumbart) behangen, so leidet der Baum keinesfalls, sondern wächst an einem Standort mit wenig bis keiner Schadstoffbelastung. Flechten
nehmen die Schadstoffe ungefiltert aus der Luft auf und sind bei starker Luftverschmutzung nicht lebensfähig. Bei Flechten handelt es sich übrigens um Doppellebewesen, die aus einem Teil Pilz und einem Teil Alge bestehen. Die beiden Lebewesen haben sich zu einer Symbiose zusammengeschlossen, weil es sich gemeinsam besser als
alleine lebt. Gemeinsam können sie extreme Standorte besiedeln wie etwa ausgesetzte Felsoberflächen in großen Höhen.
WASSER
Fließgewässer werden je nach Wasserqualität in vier Gewässergüteklassen eingeteilt. Wasser der Güteklasse I enthält viel Sauerstoff (fast 100 Prozent), ist nährstoffarm und gering mit Bakterien belastet; man spricht von einem unbelasteten bis gering belasteten Wasser. Lebewesen wie Steinfliegenlarven benötigen diese Wasserqualität.
Gegen Verschmutzungen jeglicher Art sind sie äußerst empfindlich. Den Alpen-Strudelwurm, ein Beutetier der Steinfliegenlarven, findet man ebenfalls ausschließlich in Fließgewässern mit ausgezeichneter Qualität und kalten Temperaturen.
Auch der Edelkrebs, ein Flusskrebs, lebt in naturnahen, sauberen Bächen mit überhängenden Ufern und steinigem Grund. Früher gab es diese Krustentiere in unseren Bächen und Flüssen in rauen Mengen. Doch die Krebspest, eine Pilzerkrankung, aber auch die Begradigung und Verschmutzung unserer Gewässer haben ihm stark zugesetzt. Findet man die Krebstiere heute in Bächen oder Flüssen, so kann man von einem intakten Gewässer ausgehen. Flusskrebse sind überwiegend nachtaktiv und gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde.
ERDE
Eine weitere Idikatorart ist das Braunkehlchen. Dort, wo es noch vorkommt, sind die Wiesen sehr vielfältig, mit vielen Kräutern, Büschen und Sträuchern bewachsen. Damit der bodenbrütende Vogel, der erst Anfang bis Mitte Mai von seinem Zug aus Afrika zurückkommt, eine Chance hat, seine Brut durchzubringen, werden diese Wiesen erst sehr spät gemäht. Seine Anwesenheit zeigt diesen Wiesentyp, aber auch diese bestimmte Bewirtschaftungsart an. Mit ihm kommen viele andere wertvolle, weil seltene, Tier- und Pflanzenarten vor.
Birgit Kantner ist Mitarbeiterin in der Abteilung für Raumplanung und Naturschutz beim Österreichischen Alpenverein.
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