Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention haben sich Österreich und viele weitere Staaten, darunter auch Deutschland und die Schweiz, dazu verpflichtet, grundlegende Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, wie persönliche Mobilität, Gesundheit, Bildung, Freizeit, berufliche Teilhabe und Weiteres, umzusetzen und zu gewährleisten. Hierbei ist zu erwähnen, dass dies kein Akt der Fürsorge, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung und – vertraglich gesehen – sogar Verpflichtung ist. In Kraft getreten ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich am 26. Oktober 2008.
Im Folgenden soll beleuchtet werden: Was tun wir im Alpenverein für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention? Wo liegt unser Verantwortungsbereich und was gibt es noch für Entwicklungspotenziale? Als Verein für Natur- und Umweltschutz, mit kulturellem Auftrag, für Bergsportbegeisterte, für Jugendarbeit und soziales Engagement sind wir nicht nur der größte alpine Verein, sondern mit der Alpenvereinsjugend auch die größte, eigenständige Jugendorganisation Österreichs. Das Thema Inklusion in unserem Verein ist uns ein Herzensanliegen, gleichzeitig sehen wir hierin einen klaren gesellschaftlichen Auftrag.
Einige Leitsätze prägen dabei unser Handeln und Tun im Alpenverein:
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Jede*r hat das Recht auf Bewegung!
Bergsportliche Erlebnisse sollen allen Menschen zugänglich sein. Dabei geht es nicht darum, dass jeder Mensch eine Erstbegehung macht oder den Mount Everest besteigt. Vielmehr liegt uns daran, Bewegungs- und Sportangebote für alle Menschen zu schaffen. Besonders großes Potenzial sehen wir hierfür beim Wandern und Klettern. Mit dem Projekt INKlettern touren wir durch Österreich und bieten Kletterworkshops für alle Menschen an. Unser mixed-abled-Team (Menschen mit und ohne Behinderung) hat es sich zum Ziel gesetzt, allen Interessierten ein Klettererlebnis zu ermöglichen. Manchen reicht dabei auch schon die Seilschaukel oder das Klettern mit Unterstützung durch einen Flaschenzug – im Vordergrund stehen hier definitiv die Freude am Tun und der gemeinsame Spaß. Unser Team für barrierefreie Hütten und Wege geht gemeinsam wandern, überprüft dabei die Barrierefreiheit, dokumentiert Touren auf unserem Tourenportal alpenvereinaktiv.com und möchte noch mehr Menschen dazu motivieren, sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Umgesetzt werden auch kleinere Umbaumaßnahmen, beispielsweise an Alpenvereinshütten, für mehr Barrierefreiheit.
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Jede*r hat das Recht auf Freizeit und Erholung!
Wir möchten allen Menschen Tage draußen und Erholung in und durch die Natur ermöglichen. Was uns im Alpenverein am meisten verbindet, ist die Liebe zu den Bergen. Auch in der Sektionsarbeit spielen neben Sport und Bewegung besonders Freizeit und Erholung eine wichtige Rolle. Unsere Übersichtslandkarte zeigt: Immer mehr Sektionen gestalten inklusive Angebote. Wie das genau aussieht, zeigen wir in unserem Film „Gemeinsam am Weg – Kurzgeschichten zur Inklusion“. Ziel des Films ist es, in Form von Best-Practice-Beispielen dazu zu motivieren, sich für das Thema Inklusion im Alpenverein einzusetzen und entsprechende Angebote zu gestalten. Über das Projekt „Alpenverein inklusiv“ bieten wir Beratung und Unterstützung zu den Themen Inklusion und Barrierefreiheit an.
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Jede*r hat das Recht auf Gemeinschaft!
Einmal im Jahr trifft sich das Netzwerk Inklusion, um das Thema Inklusion im Alpenverein und darüber hinaus weiterzuentwickeln. Die meisten motiviert am Netzwerktreffen Inklusion die Gemeinschaft, der Austausch, die Geschichten und das Zusammenkommen vieler unterschiedlicher Persönlichkeiten. Generell möchten wir allen Menschen Erlebnisse in Gemeinschaft ermöglichen – sei es beim Vortragsabend in der Sektion, bei der Stammtischrunde auf der Hütte, in der Kletterhalle, bei einer Tageswanderung oder beim Sommercamp. Die Alpenvereinsjugend bietet dazu mehrere inklusive Sommercamps an, mit einer Förderung für die Kurskosten durch „Licht ins Dunkel“. Über das Projekt „Alpenverein inklusiv“ wird es 2025 ein Inklusionsfestival geben als Dankeschön für alle Menschen, die sich in unserem Verein für die Teilhabe aller einsetzen.
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Jede*r hat das Recht auf Bildung und Kultur!
Laut der PIAAC-Studie von 2011/12 sind 17,1% der Österreicher*innen im Alter von 16bis 65 Jahren auf einfache Sprache angewiesen. Mittlerweile ist die Website der Alpenvereinsjugend barrierefrei und bald auch in einfacher Sprache online. Beim Film „Gemeinsam am Weg“ wurde ebenfalls auf eine barrierefreie Veröffentlichung durch Audiodeskriptionen geachtet. Allgemein gibt es in Sachen Barrierefreiheit im Alpenverein noch viel zu tun, nicht nur baulich gesehen. Auch Bildungsangebote für alle sind ein wichtiges Thema; ein positives Beispiel ist hier der Kurs Übungsleiter*in INKlettern Plus, an welchem auch Menschen mit einer Behinderung teilnehmen und spezifische Techniken beim Klettern mit inklusiven Gruppen erlernen können. Generell wird oft nachgefragt, ob es Weiterbildungen im Bereich Inklusion gibt. Die Seminare „Wintererlebnis inklusiv“ und „Sommererlebnis inklusiv“ bieten hier praktische Tipps für die Gestaltung erlebnisorientierter und inklusiver Angebote.
Als Bilanz lässt sich ziehen: Es gibt im Alpenverein noch viel zu tun bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und generell zum Thema Inklusion, aber: „Wir sind am Weg. Gemeinsam sind wir am Weg. Die Richtung passt“ (Zitat aus dem Film „Gemeinsam am Weg“). Zum Schluss ist noch zu erwähnen – aufgrund häufiger Nachfrage: Seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention gilt gleiches Recht für alle – somit macht es rechtlich keinen Unterschied mehr, ob ihr als Funktionär*in im Verein mit einer inklusiven oder nicht-inklusiven Gruppe unterwegs seid.
Solveig Meier leitet seit April 2023 das Projekt "Alpenverein inklusiv" und ist Ansprechpartnerin für Inklusion im Alpenverein.
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