Schon Anfang des Jahres hatten wir,  das sind Lisa, Teresa und Stefanie, von schneebedeckten Gipfeln und Sonnenaufgängen am Gletscher geträumt. Alle drei haben wir uns im letzten Jahr immer mehr in Richtung alpinerer Touren und höherer Berge orientiert, also stand wohl jetzt der erste 4000er auf dem Programm!

Geplant waren einfache Touren, da wir alle im Vorfeld zwar einen Hochtourenkurs besucht hatten, aber mehr als eine Hand voll Hochtouren hatten wir noch nicht in der Tasche – Erfahrung kommt halt auch erst mit der Zeit. Die (ursprünglichen) Ziele daher: Allalinhorn (über Hohllaubgrat) und Strahlhorn, beides von der Britanniahütte aus.

Allerdings waren heuer die Bedingungen nicht auf unserer Seite. Die extrem hohen Temperaturen im Juli hatten den schützenden Schnee dahingerafft und man konnte den Gletschern buchstäblich beim Schmelzen zusehen. Die Saison hatte sich heuer also um mehrere Wochen nach vorne verschoben und wir waren mit unserem Termin Mitte August plötzlich schon recht spät dran. Durch das warme Wetter waren neben den Gletschern, die nun mehr Labyrinthen glichen, auch Steinschlag zu objektiv größeren Gefahren geworden. Daher: Das Strahlhorn wurde aufgrund der erschwerten Routenfindung von der Liste gestrichen. Der Ersatz: Weissmies von der Allmagellerhütte aus – eine Grattour mit wenig Gletscherkontakt.

Am 23. August ging es also los. Wir starteten nach langer Anreise von Saas-Almagell aus auf die Almageller Hütte. Der Weg hinauf war wunderschön, aber wir schwitzten nicht schlecht bei 30+ Grad und schwerem Rucksack (wir hatten noch schnell unser Kletterzeug mitgenommen). Oben angekommen durften wir eine frische Brise, die tolle Aussicht auf die Mischabelgruppe und beste Gesellschaft beim Abendessen genießen.

Den ersten Tag auf der Hütte hatten wir als Akklimatisationstag eingeplant. Es galt also etwas die Umgebung zu erkunden, die aktuellen Bedingungen abzuchecken und natürlich klettern im „Klettergarten“ hinter der Hütte. Das Mittragen der Ausrüstung hatte sich gelohnt! Wir wurden von wunderbaren Granitplatten begrüßt. Neben ein paar Sportkletterrouten gibt es dort auch Alpinklettertouren, die gut abgesichert sind. Eine solche war schließlich unser Ziel des Tages. Sechs Seillängen purer Genuss auf rauem Granit, durch scharfe Risse und kleine Dacherl.

Beim Gespräch mit dem Hüttenwirt und anderen Gästen wurde uns zudem eine relativ neue (bzw. neu entdeckte) Variante auf die Weissmies ans Herzen gelegt – der Rotgrat. Sie sollte eine deutlich längere und anspruchsvollere, aber dafür abwechslungsreiche Variante auf die Weissmies darstellen. Nach gründlichem Check war unsere Entscheidung gefallen: Es sollte über den Rotgrat rauf und den Südgrat wieder runter gehen, angesetzte Gehzeit 10h.

Am 25. August starteten wir also um 4 Uhr in den Tag.

Erst ging es über Blockwerk, noch mit Stirnlampen bewaffnet, rüber zum Grat. Beim ersten Morgengrauen waren wir am Einstieg. In ein paar Seillängen im 3. Schwierigkeitsgrad mit sporadisch gesetzten Bohrhaken ging es vom Schuttfeld auf den Grat. Dort begann der ca. 1.5km lange Grat – konstant im 2. Schwierigkeitsgrad – der von uns einiges an Aufmerksamkeit forderte. Teils lockeres Gestein auf wunderschönen Platten, jedoch ohne Sicherungsmöglichkeiten auch keine Toleranz für Fehler. Trotzdem (oder gerade deshalb) war der Grat furchtbar schön! Voraus scheinbar endlose rotbraune Felsplatten, beim Blick zurück die Aussicht auf die gesamte Mischabelgruppe.

Beim Rottalhorn trifft der Felsgrat schließlich auf den Gletscher. Die normale Routenführung über den Westgrat war dieses Jahr aufgrund der ausgeaperten Spalten nicht möglich. Stattdessen querten wir die NW Flanke und stiegen die letzten Meter über den Nordgrat auf. Auf unserer Route waren die Bedingungen noch gut. Gute Schneeauflage, stabile Schneebrücken, gut sichtbare Spalten – sogar eine Eissanduhr mit Schlinge für einen kurzen Abseiler war schon von einer vorhergehenden Seilschaft eingerichtet worden. Alles in Allem, der Aufstieg super abwechslungsreich und vergleichsweise einsam (zwei andere Seilschaften waren an dem Tag noch unterwegs).

Nach kurzer Gipfelrast ging es dann über den Südgrat wieder zurück zur Almagellerhütte. Hier war die Wegfindung schwieriger und das Gelände brüchiger – wir freuten uns also über unsere Entscheidung über den Rotgrat aufgestiegen zu sein. Kurz vor der Hütte noch ein erfrischendes Bad im Gletscherbach und dann ging es ab zum wohl verdienten Abendessen!

Am dritten Tag stiegen wir wieder ab ins Tal, wobei uns hier Teresa leider verlassen musste, da sie wo anders dringend gebraucht wurde. So war unsere Gruppe auf zwei geschrumpft. Wir verbrachten den Nachmittag mit Zeltaufbau und im nahgelegenen Klettergarten.

Für Tag 4 stand dann doch noch ein zweiter 4000er auf dem Programm. Aus zwei Gründen entschieden wir uns für den (sehr) einfachen Weg aufs Allalinhorn – hoch bis ins Skigebiet mit der Bahn. Das Wetter meldete ab Nachmittag unbeständig und der Normalweg bis zum Einstieg des Hohllaubgrates war aufgrund eines Felssturzes gesperrt. Normal ist das nicht unser Stil, aber die Möglichkeit doch noch auf einem zweiten Berg hier zu stehen und einen Blick aufs Matterhorn zu erhaschen war doch zu verlockend.

Um 6:20 Uhr ging es also mit der ersten Bahn nach oben. In Gesellschaft von mehreren Seilschaften (großteils mit Bergführer) ging es zum Feejoch hoch. Dort bogen an diesem Tag glücklicherweise alle Richtung Alphubel ab und wir hatten widererwarten den Berg ganz für uns allein. Eine gut ausgetretene Spur wies uns den Weg durch ein kleines Spaltenfeld, das von unten relativ steil und blank wirkte, sich dann aber als harmlos herausstellte. Den Gipfelmoment und vor allem die Aussicht konnten wir in vollen Zügen genießen – Fernsicht übers Matterhorn und die Monte Rosa Gruppe bis hin zum Mont Blanc!

Zurück bei der Bahn ließen wir uns noch ein Bier schmecken und ließen ein letztes Mal den Blick über diese vergletscherten Riesen schweifen. Dabei war es eine Kombination aus Faszination für die Schönheit der Gegend, Traurigkeit über den Zustand der Gletscher und wie lange sie wohl noch zu besteigen wären und Dankbarkeit, dass wir das noch in dieser Art erleben können.

Was für ein schöner Abschluss für unseren ersten (und bestimmt nicht letzten) Ausflug in die hohen und wilden Berge der Westalpen!

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