Die erste Frage: Wo soll es hingehen? Zum Tradklettern nach Tschechien!
Ursprünglich war geplant, das Trad Update in Cadarese zu machen, doch dort regnete es in Strömen. Ein Ausweichziel musste her und nach langem Überlegen und Diskutieren, sowie akribischer Analyse der Wettervorhersagen, fiel dann am Tag vor der Abreise die Entscheidung. Nach Tschechien sollte es gehen, genauer gesagt ins Böhmische Paradies… Tradklettern in Tschechien? Diese Nachricht sorgte für Stirnrunzeln bei einigen Teammitgliedern. Doch nach einer kleinen Internetrecherche wurde den meisten von uns klar, dass die Gegebenheiten dort nicht ganz unserem Verständnis von traditioneller Absicherung entsprechen.
Mittwoch – Aller Anfang ist schwer
In diesem Fall war der Anfang lang, nach neun Stunden Anreise mit dem ein oder anderen Schlagloch, in dem man auch genug Platz zum Übernachten gefunden hätte, erreichten wir am Nachmittag Turnov. Dort empfingen uns dann auch schon die Locals Jan und Danny, die uns noch eine schnelle Einschulung in die Weisheiten des Barfußkletterns mit Knotenschlingen gaben. Der weiche Sandstein darf nicht mit Friends oder Klemmkeilen abgesichert werden, denn dadurch werden die Risse und Strukturen sehr schnell zerstört. Sie zeigten uns wie man die Knotenschlingen in jeglicher Größe und Form richtig platziert. Außerdem erklärten Jan und Danny, dass es beim Sandstein auch verschiedene Qualitäten gibt. Bei den Türmen, an denen wir kletterten, konnte man den Fels mit einem Stock zerreiben. Laut den Locals ist das die schlechteste Qualität von Sandstein. Nach dieser kleinen Einschulung waren wir alle so richtig ‘stoked’ auf die kommenden Tage. Anschließend marschierten wir zu einer Vereinshütte der ansässigen Kletterer und Kletterinnen, in der wir freundlicherweise die nächsten drei Tage übernachten durften. Nach einem anständigen Abendessen und ein paar Runden Uno, sowie unzählig geknoteten Schlingen und geknüpften Affenfäusten, fiel das Team spät in der Nacht ins Bett. Damit begann das Update Tradklettern bereits erfolgreich und manch einer vom Team träumte schon von den kommenden Tagen.
Donnerstag – Das Gelernte in die Tat umsetzen
Der Wetterbericht für Donnerstag verhieß erstmal nichts Gutes, deshalb wurde die Tagwache prompt um circa eine Stunde nach hinten versetzt. Nach einem ausgiebigen Frühstück war die Motivation hoch und das Wetter sah auch schon viel besser aus. So fuhren wir zu den Türmen von Suché Skaly, wo uns Mentor Motz und Local Guide Jan schon erwarteten. Der Sandstein war von bester Qualität und sehr fest im Vergleich zum Vortag. Teilweise konnte man meinen es wäre Kalk, mit mehr als zwei Ringhaken als Zwischensicherung war allerdings nicht zu rechnen. Die Kletterei in diesem Gebiet zeichnete sich vor allem durch Risse in Abwechslung mit perfekten Leisten auf Platten aus. ‘Die kleinen Leisten auslassen, und die Griffe immer nach unten belasten’, teilte uns Jan mit. Man merkte, dass es ihm wichtig war uns die tschechischen Kletterbräuche näher zu bringen. Die am Vorabend geknüpften Schlingen und Affenfäuste sollten nun auf Herz und Nieren getestet werden. Das Sortiment reichte von 5 mm Kevlar Schnüren bis zu Affenfäusten die so groß wie 4er Friends waren. So stopften wir das selbst gebaute Material in die Risse.
Das oberste Gebot war es „nicht zu fliegen“, so Jan. Eine weitere Eigenheit in diesem Gebiet war das Chalkverbot, das dem Schutz des Sandsteins dient. So erwischten wir uns immer wieder dabei, wie wir mit verschwitzten Fingern irgendwo beim Klettergurt nach Magnesium suchten – vergebens. Das Wetter hielt länger als gedacht und so hangelten wir uns alle möglichen Routen auf die Türme hinauf, bis uns dann um ca. 17:30 Uhr ein Platzregen überraschte. Der Fels war von einem Moment auf den anderen wie Schmierseife, weshalb sich der Rückzug für einige Seilschaften als sehr fordernd gestaltete. Als alle gut bei den Autos angekommen waren, strahlten wir vor Freude, jedoch knurrten uns auch die Mägen. Der Hunger war groß, die Motivation zu kochen klein… Da kam es doch sehr gelegen, dass tschechische Pizza sehr günstig ist. Also speisten wir in einer kleinen Pizzeria wie die Götter, bevor wir uns um das Frühstück für den morgigen Tag kümmerten und anschließend nach einer kleinen Tourenplanung bei der Hütte zufrieden in die Betten fielen.
Freitag – Tag der Überschreitung
Nach ein paar Tassen Kaffee am Morgen ging es wieder nach Suché Skaly, dort erwartete uns auch schon Jan. Der Plan der Truppe war es, die gesamte Kette an Türmen zu überschreiten, mit Ausnahme des Falkenturmes, der wegen der brütenden Falken gesperrt war. Entspannte Kletterei im dritten bis vierten Grad mit Varianten ohne Ende, so kletterte die eine Seilschaft durch eine Verschneidung auf den einen Turm, während die anderen durch einen Durchschlupf den Gipfel erreichten. Perfektes Übungsgelände in dem wir mit unseren Mentoren jegliche Notsituationen durchspielten. Wir merkten immer wieder, wie speziell das Gestein ist, als wir auf den Türmen oft tiefe Einschneidungen sahen, die nur durch die Seile der Kletterer entstanden sind. Nach gelungener Überschreitung waren wir natürlich wieder hungrig.
Also ging es nach Vranov zu einem kleinen Hofladen, bei dem wir uns alle möglichen tschechischen Mehlspeisen genehmigten. Mit zufriedenen Gesichtern und gefüllten Mägen ging es weiter zu dem Sportklettergebiet in Vranov. Wir freuten uns schon darauf normale Hakenabstände zu sehen – falsch gedacht. Als wir bei dem Fels ankamen, konnten wir es kaum glauben, wieder waren es nur zwei bis vier Ringhaken pro Route auf circa 25 Metern. Zum Glück konnte man dort Chalk verwenden und es gab auch Routen, die etwas moderner abgesichert waren. Unglaubliche Platten mit Löchern wie schweizer Käse, bereiteten dem ganzen Team über mehrere Stunden einen Heidenspaß. In der Dämmerung überraschte uns dann wieder der Regen und so holten wir uns bei der kleinen Pizzeria unser Essen ab. Den Abend ließen wir am Lagerfeuer mit lautstarkem Gesang des Teams (zum Leidwesen der Wildschweine), unter Begleitung von Tom auf der Gitarre, ausklingen.
Samstag – Die Reise geht weiter
Für diesen Tag hatten wir wieder Großes vor. Also standen wir um 08:30 Uhr auf. Mittels einer gut koordinierten Aufräum- und Putzaktion wurde die Hütte auf Vordermann gebracht. Für Jan hinterließen wir noch ein Geschenk als Dankeschön, denn er zeigte uns seine tschechische Spielwiese stetig mit einen Lächeln und viel Geduld. Weiter ging es nach Dolní Žleb im Elbtal. Dort angekommen pumpte sich Peter erstmal den Bizeps auf und Felix W. zeigte uns mit eindrucksvollen Yogaposen wie gelenkig er ist. Genug geturnt, auf zum Klettern, wofür wir eigentlich herkamen. Bei den Felsen angelangt, waren alle wieder vollends motiviert. Felix G. kletterte zum Aufwärmen eine spektakuläre Route über ein Dach mit fettem Runout zum Stand die er mit 6a einschätzte. Nachdem sie Felix W. und Tobi ebenfalls geklettert waren, sagten sie es wäre wohl doch eher 6b und nach einem Blick in den Führer entpuppte sie sich als 7a. Nun ja wir waren immerhin in Tschechien, da ist halt einiges anders als in Österreich.
Es gab Plattenrouten bei denen man bei der Crux gerade mal die Kuppe des Mittelfingers in eine Tasche reinbekam, so wie traditionell abzusichernde Verschneidungen und Kanten bei denen man bis zum Top ‘Leisten ballern’ konnte. Doch wie schon die Tage zuvor, beendete der Regen den Kletterspaß und so fanden wir uns unter einem Regenschirm vor einem Restaurant wieder. Nach einem erneuten Festmahl stand nur noch die Frage offen, wo wir übernachten sollten. Ein Teil des Teams entschloss sich für Hängematten, andere schliefen in den Autos und der elitäre Rest gönnte sich ein Apartment. Manch einer vom Team munkelte, dass dieses Apartment ein Bad mit Rosenblättern und Gurkenscheiben für geschundenen Fingerkuppen bereithielt.
Sonntag – Wieder machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung
So auch am letzten Tag, nach einer sehr regenreichen Nacht traf sich das Team zum Frühstück bei den Autos. An Motivation zum Klettern fehlte es nicht. Jedoch lernten wir von Jan, dass man auf nassen Sandstein nicht klettern soll. Der durchnässte Fels bricht leicht und zerstört man damit die Routen . So beschloss das Team schweren Herzens alles zusammen zu packen um die lange Heimreise anzutreten. Ein besonderer Dank gilt Jan und Danny, die uns in das Sandsteinklettern einführten, sowie auch unseren Mentoren Matthias Wurzer, Alex Blümel und Much Mayr, und natürlich Ramona Waldner, die uns mit ihrer Kamera begleitete.
Mehr Informationen zum Junge Alpinisten TEAM und den Junge Alpinisten YOUNGSTERS gibt es unter www.jungealpinisten.at
Das JUNGE ALPINISTEN Projekt der Alpenvereinsjugend
Junge Alpinisten TEAM
Zehn ausgewählte junge Bergsteiger*innen zwischen 18 und 22 Jahren sind zwei Jahre mit Mentoren am Berg unterwegs. Lernen auf Augenhöhe, selbstständiges Bergsteigen auf hohem Niveau und das Verschieben der eigenen Grenzen sind Programm.
Junge Alpinisten YOUNGSTERS
Kurse in allen alpinen Disziplinen für 14- bis 20-Jährige mit etwas Erfahrung beim Klettern und Bergsteigen. Gemeinsam eine coole Zeit haben, Seil- und Sicherungstechnik updaten, eigenständiges Planen und Begehen von Touren, Freunde treffen und Abenteuer erleben werden hier großgeschrieben.
Junge Alpinisten Förderung
Junge Bergsteiger*innen erhalten finanzielle Unterstützung für selbstständig geplante alpine Unternehmungen!
Alle Infos auf www.jungealpinisten.at
...ist Mitglied im Junge Alpinisten TEAM 20-22.
Comments are closed.