Nach langer Pause durfte das Junge Alpinisten TEAM Anfang März nun doch noch zum Update Eisklettern nach Osttirol! Was sie dort erlebt haben und ob das perfekte Eis nicht schon am schmelzen war…lest selbst!
War es schon zu spät, um noch das perfekte Eis zu erwischen?
Ein mulmiges Gefühl überkam uns, als wir auf dem Weg nach Osttirol hinauf zum Felbertauerntunnel fuhren. Die sonst eisigen Fälle zur rechten Seite des Tals waren bereits der frühlingshaften Wärme gewichen und so ahnten wir nichts Gutes.
Umso glücklicher waren wir, als sich der Felbertauerntunnel wie ein Portal zu einer anderen Welt öffnete und wir ins winterliche Osttirol ausgespuckt wurden. Nur noch wenige Kurven mit dem Alpenvereinsbus die Straße hinab und schon standen wir vor dem Tauernhaus. Das Update kam natürlich nur unter strikter Einhaltung aller Corona Regelungen und der Umsetzung eines lückenlosen Präventionskonzepts zustande. Als einzige Gäste wurden wir dann von Familie Brugger bewirtet und genossen dort vier Tage lang ihre ausgiebige Gastfreundschaft.
Wir wären aber nicht die jungen Alpinisten, wenn wir nur auf der faulen Haut liegen würden. Schon am Donnerstag, kurz nach der Ankunft, ging es mit unseren Mentoren Matthias Wurzer, Alexander Blümel, Much Mayr und Max Reiß in den Eiskletterpark. Dort wurden die Techniken des Eiskletterns aufgefrischt bzw. neu erlernt und gefestigt. Obwohl beim Eisklettern ein absolutes Sturzverbot herrscht – zu groß ist die Gefahr, dass man sich im vertikalen Abgang mit den Steigeisen verhakt und sich am Sprunggelenk verletzt – ist eine verantwortungsvolle Absicherung im Eis unumgänglich.
„In welcher Eisqualität platziere ich die Schraube und wie lang soll sie sein? Wie oft gehört ein Standplatz hintersichert? Und will ich mein Leben wirklich an den „seidenen“ Faden dieser Abalakow-Schlinge hängen? Fragen, die professionell von unseren Mentoren im Stations-Betrieb beantwortet wurden.“
Den zweiten Tag widmeten wir abermals dem Eispark und die am Vortag erlernten Techniken wurden nochmals geübt bzw. verfeinert, bevor sie am nächsten Tag im freien Gelände eingesetzt werden sollten. Doch kein Abenteuer ohne gründliche Tourenplanung und Materialchecks, abends wurden die neuen Halbseile abgewickelt, die Eisgeräte geschärft und die Steigeisen angespitzt.
Update Eisklettern – Los geht’s!
Wir waren bereit: Samstag, früh morgens, gingen wir alle gemeinsam in Richtung Großvenediger in das Gschlößtal, dort erwarteten uns auf der Höhe der Almsiedlung Innergschlöß mächtige Eismonster…
Tom:
Lisa und ich kletterten am Samstag den Klassiker „Das Schild“ im Gschlößtal. Nach dem Zustieg mit den Tourenski ging es auch schon ans Klettern. Das Eis war spröde, das Wetter und der Ausblick waren dafür umso besser. Das imposante Eisschild konnten wir ohne Probleme klettern, die größte Herausforderung war die Überquerung des Gschlößbaches über eine nicht mehr allzu gute Schneebrücke. Danach blieb sogar noch Zeit für eine Jause in der Sonne – ein perfekter Ausklang nach einer solchen Tour.
Peter:
Bei Hanna und mir wurde am Samstag einer der Seebachfälle nahe von Innergschlöß als Ziel auserkoren. Gemeinsam mit Mentor Max schnallten wir daher am Morgen die Tourenski an und machten uns auf den Weg hinein ins Gschlößtal. Unterwegs teilte Max Erlebnisse aus seiner Zeit im Junge Alpinisten Team, sowie seinem Leben als Bergführer mit uns. Durch die motivierenden Anekdoten verging der Zustieg wie im Flug. In Innergschlöß angekommen, sichteten wir die drei Seebachfälle und nach Beurteilung der Lage fiel die Wahl auf den Mittleren. Es folgte ein steiler Aufstieg durch den frischen Pulverschnee vom Vortag und kurze Zeit später standen wir vor der imposanten ersten Seillänge des Wasserfalls.
Bei zweistelligen Minusgraden, strahlend blauem Himmel und fast genauso blauem Eis kletterten wir in drei Seillängen den Eisfall hinauf.
Das spröde und glatt polierte Eis wechselte sich dabei immer wieder mit tiefem Schnee in den flacheren Stücken ab. Zu kämpfen hatten wir dabei mit den klammen Fingern am Standplatz, die Kletterei selbst konnte aber in vollen Zügen genossen werden. Am Ende der letzten Seillänge wäre eine Lawinenschaufel hilfreich gewesen, um durch die knapp 60 cm Schnee hinab bis zur brauchbaren Eisdecke zu graben. An Abalakov-Schlingen wurde dann zum Skidepot abgeseilt und nach einer Stärkung machten wir uns wieder auf den Weg hinaus zum Tauernhaus.
Felix G.:
An unserem Tourentag stand für Alex, Tobi, Ludwig, Simon und mich der Kesselfall im Gschlößtal auf dem Programm. Der Eiskletterführer gab nur spärliche Informationen her. Irgendetwas von WI5 bis WI6 und M5 bis M6 stand darin, ca. 400 Meter Länge waren angegeben. Ich war in der Früh beim Zustieg noch sehr skeptisch, so spät im Jahr auf dieser Höhe gutes Eis in dem Schwierigkeitsgrad zu finden. Als wir den Eisfall jedoch zu Gesicht bekamen, wurden unsere Augen größer. Das Eis sah grandios aus, wenn auch in den oberen 2 Seillängen sehr spärlich bis gar nicht vorhanden.
Die erste Seillänge war gleich die Schlüsselseillänge im reinen Eis. Durch die dauernde Spindrift und die nördliche Ausrichtung war das Eis sehr kalt und daher spröde zu klettern, viele Schollen brachen aus. Anschließend eine leichte Verbindungslänge, um in den großen Kessel zu gelangen. Als ich diesen erblickte, erinnerte mich die Szenerie stark an die „Moonwalk“ im Valsertal, die ich im Jahr zuvor geklettert war. Nach drei weiteren Eislängen, in denen uns Alex viele wertvolle Tipps und Handgriffe zeigte, kamen wir zur ersten Mixed-Länge. Schlecht abgesichert und ca. 40m lang ging es aus einer Mischung von gut kletterbarem Nevé, wie man ihn aus Chamonix kennt, halbwegs vertrauenserweckenden Sanduhren in gefrorenem Schotter und abgebundenen Schrauben nach oben.
Ich konnte die Länge im Vorstieg so richtig genießen. Es gibt nichts Besseres als diese intensive Kletterei.
Nun die letzte und schwerste Mixed-Länge. Alex war bereits beim Vorsteigen für die Seilschaft Ludwig und Tobi. Simon und ich wollten die Tour aber komplett in Wechselführung klettern, so hieß es für Simon, dass er nun an der Reihe war, vorzusteigen. Souverän meisterte er die letzte Seillänge der Tour und als ich im Nachstieg oben am Stand ankam, konnte ich kaum glauben, was für eine geniale Linie uns gelungen war. Nun hieß es jedoch schnell abseilen, denn uns war allen kalt und für eine nächtliche Abseilaktion fehlten uns die Stirnlampen.
Vicki:
Top motiviert wie jeden Tag, starteten Felix W. und ich gemeinsam mit Motz am Samstagmorgen vom Tauernhaus – diesmal jedoch nicht mit dem Skidoo, sondern mit Skiern an den Füßen. Auch den Eispark ließen wir weit hinter uns zurück, und gingen stattdessen weiter Tal einwärts, gespannt darauf, was uns am Ende erwarten würde. Bald standen wir vor unserem Ziel, einer ziemlich glatten Eiswand namens „Linker Seebachfall“. Ski aus, Klettergurt und Steigeisen an, und nach einer kurzen taktischen Planungspause zwecks Kletterlinienfindung, startete Felix auch schon mit der ersten Seillänge. Solide kletterte er hinauf über das noch vollkommen unberührte Eis, und auch die immer wieder ausbrechenden Eisschollen konnten ihn nicht aufhalten.
Im Nachstieg hatte ich es da schon deutlich einfacher – die Spuren, die Felix im Eis hinterlassen hatte, konnten ganz gut als Placements für meine eigenen Eisgeräte wiederverwendet werden – was sehr viel Kraft sparte, wie ich kurze Zeit später feststellen musste, als ich mit dem Vorsteigen an der Reihe war. Nach insgesamt vier Seillängen Klettergenuss erreichten wir schließlich mit einem guten Pump in den Unterarmen den letzten Stand am oberen Ende des Eisfalls. Von dort ging es mit zwei Abseilern wieder hinunter, wo neben Ski, Rucksäcken und den mittlerweile eiskalten Skischuhen auch noch einige Höhenmeter traumhafte Powder-Abfahrt auf uns warteten.
Verschwitzt, müde und einige Klettermeter später schliffen wir uns gemeinsam die letzten Meter bis zum Tauernhaus und fielen hinter den reichlich gedeckten Tisch. Für den nächsten und gleichzeitig letzten Tag hatten wir keine großen Pläne mehr, so ließen wir den Abend entspannt ausklingen.
Die Sonne blinzelte schon vereinzelt hinter den Wolken hervor, als wir am Sonntag mit wehenden Haaren wieder am Skidoo saßen und uns schnell dem Eispark näherten. Die perfekt abgesicherten Mixed Touren und die reinen Eislängen in allen Schwierigkeitsgraden wurden für die Jungen Alpinisten der Ausklang eines erfolgreichen Eiskletter-Updates.
Das JUNGE ALPINISTEN Projekt der Alpenvereinsjugend
Junge Alpinisten TEAM
Zehn ausgewählte junge Bergsteiger*innen zwischen 18 und 22 Jahren sind zwei Jahre mit Mentoren am Berg unterwegs. Lernen auf Augenhöhe, selbstständiges Bergsteigen auf hohem Niveau und das Verschieben der eigenen Grenzen sind Programm.
Junge Alpinisten Youngsters
Kurse in allen alpinen Disziplinen für 14- bis 20-Jährige mit etwas Erfahrung beim Klettern und Bergsteigen. Gemeinsam eine coole Zeit haben, Seil- und Sicherungstechnik updaten, eigenständiges Planen und Begehen von Touren, Freunde treffen und Abenteuer erleben werden hier großgeschrieben.
Junge Alpinisten Förderung
Junge Bergsteiger*innen erhalten finanzielle Unterstützung für selbstständig geplante alpine Unternehmungen!
Alle Infos auf www.jungealpinisten.at
[/fancy_box][image_with_animation image_url=“8444″ alignment=““ animation=“Fade In“ border_radius=“none“ box_shadow=“none“ max_width=“100%“]
Felix Webhofer ist Mitglied im Junge Alpinisten TEAM, studiert und lebt in Innsbruck und ist am liebsten draußen am Fels unterwegs.
Comments are closed.