Eigentlich ist das kein Text über die Klimakrise! Das ist ein Text über die ganz großen Gefühle. Überforderung, Frustration, Schuld, aber auch Hoffnung, Verantwortung und Zuversicht. Ein Text darüber, wie wir mit unseren Emotionen umgehen können und ganz nebenbei auch noch die Welt retten.

Überforderung

Jetzt mal „Realtalk“ – wie es die junge Generation immer so schön sagt. Die Klimakrise ist ein großer Stressfaktor, der unsere eigenen Handlungen ständig in Frage stellt. Das ist anstrengend! Viele Menschen fühlen sich mit dem Thema überfordert. Zu Recht. Aus der Psychologie weiß man, dass es den sogenannten Present Bias gibt. Unsere Wahrnehmung und unser Denken sind auf die Gegenwart fokussiert. Wir sind also im Alltag mehr mit Fragen wie zum Beispiel „Wann habe ich Zeit für den Arzttermin?“ und „Was esse ich heute Abend?“ beschäftigt, als uns mit der Zukunft zu beschäftigen. Deshalb nehmt euch doch hin und wieder bewusst Zeit, euren Fokus in die Zukunft schweifen zu lassen.

Illustration: Valentina Recheis / Himmel

Das Verantwortungsgefühl

Auf die Frage, wer die Verantwortung für die Klimakrise trägt, wird es vermutlich keine zufriedenstellende Antwort geben. Es prallen zwei scheinbar unvereinbare Seiten aufeinander – diejenigen, die die Verantwortung beim Individuum sehen und jene, die der Politik die Schuld geben. Doch egal wie die Antwort auf diese Frage auch aussehen mag, viele haben das Gefühl, im Umgang mit der Krise allein zu sein, und dass die Verantwortung häufig auf den Schultern einzelner Personen lastet.

Doch Schuldzuweisungen werden die Welt nicht retten, so viel ist schon mal sicher. Sorry for the bad news! Trotzdem ist es wichtig, sich im Zuge der Klimakrise damit auseinanderzusetzen. In unserer Gesellschaft ist es scheinbar eine anerkannte Freizeitbeschäftigung geworden, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Bei allem ein schlechtes Gewissen zu haben, bringt uns daher nicht weiter. Egal, ob es das Shoppen, Fliegen oder Fleischessen ist. Der Umgang mit der Klimakrise ist sehr individuell und es gibt nicht die eine richtige Anleitung. Und es sollte auch nicht der Anspruch sein, diese Dinge für immer aus dem Leben zu verbannen.

Vielmehr sollten wir uns die Frage stellen, wie wir unsere Lebensrealität mit der Klimakrise vereinbaren können. Statt uns auf Verzicht und die Frustration zu konzentrieren, sollten wir mit einem positiven Mindset arbeiten und uns fragen, welche Chancen und Möglichkeiten sich durch unsere Verhaltensänderungen ergeben. Und hey! Ist doch besser die ersten kleinen Schritte umzusetzen, als gar nichts zu machen. Es braucht mehr Menschen, die kleine Schritte setzen, als einige wenige, die alles perfekt machen.

Das Wir-Gefühl

Auch die Selbstwirksamkeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Viele haben nicht das Gefühl, dass ihre Handlungen auch tatsächlich etwas bewirken können und neigen dazu, die Furcht und Gefahr zu verdrängen – und damit auch Verantwortung abzugeben. Studien zeigen, dass es deshalb in der Kommunikation wichtig ist, die Verknüpfung zu konkreten Handlungsmöglichkeiten herzustellen. Die meisten können sich dadurch viel konkreter einbringen und das Gefühl der Ohnmacht und Überforderung bleibt aus.

 

Außerdem ist es wichtig, Klimaschutzinitiativen und Best-Practice-Beispiele sichtbar zu machen – das motiviert und zeigt uns, dass wir die Klimakrise nicht allein schultern und viele Möglichkeiten zur Anknüpfung bestehen. An so vielen Ecken und Enden stehen motivierte Menschen, die bereits ganz viele großartige Projekte umsetzen. Das Wir-Gefühl kann uns die nötige Energie und Motivation geben, unser Handeln im Alltag nachhaltiger zu gestalten.

Das Positiv-Gefühl

Die Sorge um die alpinen Landschaften führte vor etwa 100 Jahren zu einer Erweiterung der Satzung des Alpenvereins um die „Erhaltung der Ursprünglichkeit und Schönheit des Hochgebirges“. Es ist beeindruckend, mit welcher Voraussicht bereits damals der Blick in die Zukunft geworfen wurde. Und bis heute darf der gesamte Österreichische Alpenverein von diesem Weitblick profitieren. Seitdem wurden die Themen des Alpenvereins ständig ergänzt und im Frühjahr 2022 mit der Klimastrategie erweitert.

Doch wer glaubt, dass das Thema Klimaschutz im Alpenverein eine Neuerscheinung ist, liegt falsch. Dem ist nämlich nicht so! Der bunte Blumenstrauß an vielfältigen Projekten ist so groß, dass er den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Sehr viele Sektionen arbeiten bereits seit vielen Jahren unter Hochdruck und mit größter Motivation an dem Thema. Sei es das sustainLabel, Umweltgütesiegel für die Hütten oder Bemühungen, die nachhaltige Mobilität im Bergsport zu fördern – es ist schon eine ganze Menge passiert! Alles Best-Practice-Beispiele, die sichtbar gemacht werden sollten und inspirieren werden.

Und die Klimastrategie? Die knüpft jetzt an diesen bunten Blumenstrauß an Projekten, Initiativen und Bemühungen so vieler Menschen an, vereint, sammelt und schafft wieder neue konkrete Handlungsmöglichkeiten. Lasst euch also bitte gesagt sein: Ihr seid mit dem Thema nicht allein – we are in this together!

Klimastrategie des Alpenvereins

Der Österreichische Alpenverein hat sich das Ziel gesetzt bis 2033 klimaneutral zu sein. Eine Arbeitsgruppe aus Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen arbeitet deshalb an der Klimastrategie. Neben dem Zielpfad werden Handlungsempfehlungen und Maßnahmen in den Bereichen Mobilität, Beschaffung & Finanzanlagen, Infrastruktur sowie Bildung und Ausbildung eingearbeitet. Aktuell bringen etwa 30 Pilotsektionen ihre Sichtweisen mit ein und gestalten aktiv den Prozess der Klimastrategie mit.

Beim Zukunftsdialog vom 11.-13, April 2024 in Salzburg, sind 100 Funktionär*innen eingeladen, einen gemeinsamen Feinschliff des Vorliegenden zu schaffen und die Strategie für die Beschlussfassung bei der Hauptversammlung 2024 vorzubereiten.

Du möchtest beim Zukunftsdialog mit dabei sein? Infos & Anmeldung https://www.alpenverein.at/zukunftsdialog2024/

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Deniz Scheerer ist die Klimakoordinatorin des Österreichischen Alpenvereins und für die Klimastrategie & Klimaschutz zuständig.

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