Oder: Culture eats strategy for breakfast

Es gibt nichts Schöneres, als gemeinsam draußen unterwegs zu sein: egal, ob auf Skitour, beim Freeriden, Bergsteigen, Wandern oder Mountainbiken. Gemeinsam einen Weg zurücklegen und Ziele zu erreichen, umgeben von der gewaltigen Pracht der Natur, ist für Körper und Geist eine Quelle der Kraft und Inspiration.

Peter Drucker, amerikanischer Ökonom österreichischer Herkunft, Pionier und Begründer der modernen Managementlehre des 20. Jahrhunderts, hat das Zitat für die Headline geliefert. Peter Drucker entwickelte heute weit verbreitete Methoden zur Mitarbeiterführung und Entwicklung von Eigeninitiative in Unternehmen. In seinem oft verwendeten Zitat unterstreicht er die Bedeutung von gelebter Unternehmenskultur, die über die erfolgreiche Umsetzung jeder noch so brillanten vorgegebenen Strategie entscheidet.

Und genau das beobachte ich auch bei meinen Unternehmungen draußen am Berg. Was meine Freunde und ich dabei suchen, ist jedem und jeder klar: Ziele werden ebenso klar definiert, die Planung im Vorfeld ist schon gut eingeübt und Routine. Das tatsächliche Erlebnis wird aber dann davon bestimmt, wie wir unser Ziel erreichen und welche Emotionen dabei frei wurden. Die schönste Skitour bei perfekten Verhältnissen, vorausschauender Planung und technisch tadelloser Umsetzung bleibt nur als die schönste Skitour in Erinnerung, wenn auch das, was wir nur schwer im Voraus planen können, gepasst hat: das Miteinander.

Das Miteinander startet bei mir selbst. Beim eigenen Gefühl und der eigenen Wahrnehmung. Den Gedanken und Fragen im Kopf: Warum ist Alex schon wieder zu spät am Treffpunkt? Das nervt. Warum fühl ich mich nicht fit, obwohl ich mich doch so gut vorbereitet habe? Mein Kopf tut weh. Warum bin ich schlecht gelaunt, obwohl doch alles rundherum so perfekt ist? Boah, Kurtl ist echt fit. Soll ich´s sagen, dass ich mich in diesem Gelände gerade gar nicht wohlfühle?

Es wird immer wärmer und die Sonne immer stärker, schaffen wir es noch rechtzeitig raus aus diesem Südhang? Kai ist ungewohnt ruhig heute. Warum hab ich so viele Fragen im Kopf, während die anderen alle so ruhig und glücklich sind?… Die Liste kann individuell fortgesetzt werden. Der eine hat mehr, der andere weniger. Diese Fragen können richtig nerven. Diese Fragen sind aber entscheidend für den Tag, das Erleben, das Miteinander. Wie also umgehen damit?

BREAK – LOOK AT YOUR FRIENDS – REFLECT

Bei risk´n´fun haben wir uns dahingehend viel vom risflecting-Ansatz abgeschaut: BREAK – LOOK AT YOUR FRIENDS – REFLECT. Und diese Methode wende ich auch bei meinen privaten Touren mit meinen Freunden oder Freunden von Freunden an. Mittlerweile passiert es automatisch.

  1. BREAK: Ein kurzes Innehalten. Ein kleiner Moment, um die Fragen in meinem Kopf zu sortieren und zu beantworten. Was hat nur mit mir zu tun? Was ist für uns hier und jetzt relevant? Was kann auf später warten? Geht meist ganz schnell und die besten Antworten kommen oft direkt vom Bauch. Ein ständig laufender Prozess, der sich nur in manchen Fällen, z.B. wenn die geänderte Wetterbedingung ausgesprochen werden muss und vielleicht eine Anpassung unserer Tour verlangt, auf die Gruppe ausbreitet.
  2. LOOK AT YOUR FRIENDS: Wenn ich meinen Kopf beruhigt habe, bin ich in Balance mit mir und schau auf meine Freunde: Oh, Alex hat Eis am Fell kleben und schon einen Sonnenbrand auf der Nase. Ich biete Sonnencreme an. Ich gehe langsamer, bis Kai zur Gruppe aufgeschlossen hat, und frag ihn mal, wie es ihm geht. Ich halt meinen Mund, wenn ich merke, dass er grad einfach nicht reden will. Wir genießen gemeinsam unsere Tour. Auf unterschiedliche Weise. Aber gemeinsam.
  3. REFLECT: Ein ganz natürliches menschliches Bedürfnis: Das Bier danach J oder vielmehr der gemeinsame Austausch untereinander. Die Verbindung der besonderen individuellen Momente, die durch das Erzählen zu prägenden Erinnerungen werden. Und wenn zur gleichen Zeit am gleichen Tisch vor der Hütte in der Sonne, mit Blick auf den Gipfel und die Abfahrtsspuren, die Herausforderungen, unangenehmen Momente und vielleicht noch offenen Fragen besprochen werden, dann sind wir mitten drin in der Entwicklung einer Kultur des gelingenden Miteinanders. Eine Erfahrung, die süchtig macht nach mehr.

Das mag sich vielleicht sehr theoretisch lesen, ist aber sehr praktisch und auf jeden Fall einen Versuch wert. Das Gelingen hängt natürlich von der Gruppe und dem bereits bestehenden gegenseitigen Vertrauen ab. Also mit Freunden geht’s leichter als mit Unbekannten. Gegenseitiges Vertrauen kann aber nur dann entstehen, wenn ich Vertrauen investiere: in mich und das Miteinander.

Selbst wenn ich jemanden vielleicht noch nicht kenne, gehe ich daher so vor wie beschrieben. Das kann auch mal in die Hose gehen und schiefe Blicke oder sarkastische Bemerkungen oder gar Kopfschütteln hervorrufen. Dieses Risiko ist es aber wert, eingegangen zu werden. Weil, wenn es gelebt wird, sich auch verbreitet und mehr wird. Einfach nur durchs (Vor-)Machen. Einfach nur für das Erleben dieser gemeinsamen Momente die perfekten Verhältnisse zu einzigartigen Erinnerungen machen und Bilder erzeugen, die sich tief in meinen Kopf einbrennen und süchtig nach mehr machen.

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Christian Bartak ist Unternehmensberater, risk'n'fun-Trainer und begeisterter Papa.

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