Moore sind faszinierende Ökosysteme, eine oft urtümliche Welt für sich – doch keinesfalls isoliert. Kulturlandschaft und Wildnis, eng ineinander verzahnt, Lebensraum für besondere Tier- und Pflanzenarten, angepasst an ein Leben unter Extrembedingungen.

Moore sind Feuchtgebiete, in denen Torf gebildet wird. Dieser wird Jahr für Jahr in Schichten abgelagert und schafft damit nicht nur wertvolle Archive der Klima- und Landschaftsgeschichte, sondern er begründet de facto beachtliche Wasserspeicher.

Der Torf reinigt das Wasser, bindet Schadstoffe und speichert vor allem riesige Mengen an Kohlenstoff. Damit rücken Moore – in einer Zeit, in der die Menschheit mit der Bewältigung des Klimawandels vor ihrer vermutlich größten Herausforderung steht – in den Fokus des öffentlichen Interesses.

MooreÖkosysteme als Kohlenstoffsenken

 

Neben den Weltmeeren als unzweifelhaft größte Kohlenstoffsenke speichern auch Landökosysteme – in Abhängigkeit von Bodentyp und Vegetation – Kohlenstoff in unterschiedlich hohem Ausmaß. Art und Intensität der Landnutzung beeinflussen dabei maßgeblich die Speicherkapazitäten.

Am unteren Ende des Spektrums rangieren die landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen. In Wiesen und Dauergrünland steigt der Anteil an Biomasse und Bodenhumus, womit sich zudem das Speichervolumen erhöht. Baumbewuchs und vermehrte Humusbildung führen in Wäldern schließlich dazu, dass der Kohlenstoffvorrat weiter zunimmt und jenen der Äcker um das Fünffache übersteigen kann.

MoorUnter allen Landlebensräumen unangefochten an der Spitze liegen jedoch die Moore. Trotz ihres vergleichsweise oft nur spärlichen Bewuchses und ihres eher unproduktiv wirkenden Erscheinungsbildes sind sie für das Klima wahre Kohlenstoffbomben. Doch warum ist das so?

Das Naturwunder Torf

 

In ungestörten Mooren herrscht häufig Wasserüberschuss, was zur Folge hat, dass Torf gebildet werden kann. Im wassergesättigten Umfeld wird abgestorbenes Pflanzenmaterial aufgrund des Sauerstoffdefizits nicht vollständig abgebaut. Das bedeutet, dass das von den Pflanzen für ihr Wachstum aus der Atmosphäre aufgenommene Kohlendioxid im Torf als organisch gebundener Kohlenstoff gespeichert und damit dem Stoffkreislauf entzogen wird.

Moore haben demnach eine positive Kohlenstoffbilanz: Es wird mehr organisches Material produziert als abgebaut. Indem jährlich etwa zehn Prozent der lebenden Biomasse im Moor zu Torf wird, können sich auf diese Weise mit der Zeit unter der Mooroberfläche zum Teil mächtige Torflagerstätten entwickeln, die riesige Kohlenstoffvorräte aufbauen. Und damit nehmen sie Einfluss auf das Klimageschehen.

Klimarelevanz von Mooren

 

Letzten Erkenntnissen zufolge sind gut 4,6 Mio. km² der Landfläche unserer Erde von Torf bedeckt. Moore haben dabei ihre flächenmäßig weitaus größte Ausdehnung in der nördlichen borealen Zone – allen voran in Russland und Kanada. Doch auch in den Tropen sind sie häufiger anzutreffen als man ursprünglich angenommen hatte. So wurde erst 2017 bekannt, dass die über weite Bereiche noch unberührten Torfsumpfwälder der Cuvette Centrale im afrikanischen Kongo-Becken ein Moorgebiet enormen Ausmaßes umfassen – mit fast der dreifachen Ausdehnung des Vasyugan-Moores in Westsibirien, dem bis dahin mit gut 50.000 km² größten Moor der Welt.

Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass in den Torfen weltweit insgesamt rund 600 Mrd. Tonnen Kohlenstoff fixiert sind. Damit ist in Moorlebensräumen ungefähr die gleiche Menge Kohlenstoff gebunden wie in der gesamten restlichen Biomasse der Erde. Und das gerade einmal auf drei Prozent der Landfläche. Tropische Torfsumpfwälder enthalten pro Hektar beinahe dreimal so viel Kohlenstoff wie die borealen Moore und sogar die zehnfache Menge arktischer Moore. Diese beachtlichen Unterschiede sind auf die Torfbildungsrate und das Mooralter zurückzuführen.

Wie effizient atmosphärisches Kohlendioxid durch Torfbildung dauerhaft fixiert werden kann, zeigt der Vergleich, dass in heimischen Mooren der Kohlenstoffvorrat im Durchschnitt viermal so groß ist wie in den umliegenden Waldgebieten. Doch der vom Mensch verursachte Klimawandel bringt die Moore in Bedrängnis und könnte einen Klimakollaps auslösen.

Moore als Treibhausgasquellen

 

Hydrologisch intakte Moore weisen insgesamt eine positive Kohlenstoffbilanz auf. Werden sie jedoch entwässert und kann Sauerstoff in den Moorkörper vordringen, beginnt sich der Torf zu zersetzen. So kommt es zur Freisetzung von sinnbildlich jenem Kohlendioxid, welches über die Jahrtausende im Torf gebunden wurde. Auch wenn weltweit gesehen degradierte Moore flächenmäßig deutlich unterlegen sind, so wird aus ihnen mit ca. 2 Mrd. Tonnen jährlich gut fünfmal so viel Kohlendioxid abgegeben, als im Gegenzug von den intakten Mooren gebunden werden kann.

So stammen aktuell fünf Prozent der gesamten, durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von entwässerten Mooren.

Klarer Spitzenreiter ist die Region Südostasien. Hier kommen noch die enormen Treibhausgasfreisetzungen hinzu, die aus der Brandrodung und den oft monatelang andauernden Moorbränden resultieren. Doch auch die Europäische Union zählt zu den Emissionshotspots.

Es ist zu befürchten, dass sich die Klimaerwärmung vor allem auf die vielfach noch intakten, borealen und arktischen Moorgebiete auswirken wird und damit – unter anderem durch das Auftauen des Permafrostbodens – neben Kohlendioxid noch erhebliche Mengen an Methan freigesetzt werden.

Notwendigkeit einer Trendumkehr

 

Damit Moore fortbestehen können, muss Wasser im Überschuss vorhanden sein. Solange die Einträge größer sind als die Verluste, wird Torf gebildet und akkumuliert. Wird das Moor jedoch entwässert, so erhöht sich zudem der Abfluss und der bislang intakte Wasserhaushalt wird gestört. Austrocknung ist die Folge, die Torfbildung bleibt aus und die Vegetation verändert sich. Solche Degradationserscheinungen lassen sich bei uns in der freien Natur gut beobachten. So findet man beispielsweise in der Zwergstrauchschicht eines intakten Hochmoores Moosbeeren, jedoch keine Heidelbeeren.

Um austrocknende Moore retten zu können, müssen sie demnach wiedervernässt werden. Sanierungsmaßnahmen haben vorübergehend zwar häufig einen erhöhten Ausstoß an Treibhausgasen zur Folge, mittel- bis langfristig ist es jedoch die einzige Möglichkeit, die Senkenfunktion für Kohlenstoff zu reaktivieren. Neben der Verhinderung des Entwässerns intakter Moore ist die Wiederherstellung hydrologisch beeinträchtigter Moore Kernaufgabe eines klimafreundlichen Moorschutzes.

Als eine abgespeckte Alternative zur vollständigen Ökosystemwiederherstellung gilt die land- und forstwirtschaftliche Nutzung von nassen Moorböden. Die sogenannte Paludikultur verfolgt Klimaschutzziele im Sinne eines wise-use-Prinzips und soll dem Erhalt von Moorböden dienen.

MooreMoorschutz in Österreich

 

Die Vielfalt an Landschaften Österreichs spiegelt sich in den heimischen Mooren wider: Neben einer Fülle an unterschiedlichen Niedermoortypen sowie Tieflagen- und Gebirgshochmooren kann vor allem der Alpenraum mit besonderen Moorbildungen aufwarten. Verbreitet sind Übergangsmoore als ein naturräumliches Charakteristikum, vereinzelt sind jedoch Moortypen zu finden, die ihr europäisches Hauptvorkommensgebiet im hohen Norden Skandinaviens oder auf den Britischen Inseln haben.

Obwohl Moore bundesweit nur mehr rund 300 km² an Fläche einnehmen, trägt Österreich dennoch eine hohe internationale Verantwortung für den Moorschutz. Bevorzugt freilich aus Arten-, Biotop- und Landschaftsschutzgründen, doch dürfen auch die Synergien für den Klimaschutz nicht unbeachtet bleiben.

Gerade in moorreichen Gegenden wie dem Bregenzer Wald, dem Salzburger Lungau oder in der Obersteiermark ist der umfassende Moorschutz als regionaler Anteil an der nationalen Klimaschutzverantwortung ein gewichtiges Argument.

Sich für den Moorschutz einzusetzen, aktiv zu werden bei Pflegearbeiten und Renaturierungen, zahlt sich jedenfalls aus – auch wenn es oft nur ein kleiner Beitrag zum großen Ganzen sein mag.

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Mario Pöstinger hat Biologie an der Universität Wien studiert und dort ein Doktorat zum Thema Moorsanierung absolviert. Aktuell ist er stellvertretender Oö. Umweltanwalt und Präsident der IG Moorschutz.

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