Möglicherweise erinnert sich der oder die eine oder andere noch dran? An den Jänner/Feber 2021? Als im Kühtai und im Zillertal zwei Lawinenabgänge zwei jugendliche Todesopfer forderten. Und dann war da noch der 11. Dezember 2021 – viele Gebiete hatten an diesem Tag das erste Mal geöffnet. Am Venet fuhr eine Gruppe jugendliche/r Skifahrer*innen zwischen zwölf und 15 Jahren im ungesicherten Skiraum in einen Nordhang ein. Ein rund 70 Meter breites und 250 Meter langes Schneebrett löste sich, einer der Jugendlichen konnte nur mehr tot geborgen werden. Das sind die Tage, die keiner braucht. Wenn Euphorie, Spaß und Freude in Sekundenbruchteilen in ein komplettes Horrorszenario kippen.

Die drei Unfälle haben damals auch bei uns in der Alpenvereinsjugend einiges in Bewegung gebracht. Wir haben im Dezember 2021 sehr kurzfristig unsere bewährten risk´n´fun LOCALS-Tage für einheimische jugendliche Freerider*innen, die wir schon seit vielen Jahren für die Sektionen des Alpenvereins anbieten, zusätzlich als frei buchbare Veranstaltungen ausgeschrieben. An fünf Tagen im Jänner fuhren wir mit unserem Tourbus in die Gebiete und waren mit den LOCALS im Gelände unterwegs. Mittlerweile sind die risk´n´fun LOCALS-Tage fixer Bestandteil auf unserem Tourplan geworden.

„connecting people“ – oder: snow institute

Drehen wir die Zeit nochmals etwas zurück. Damals, vor zwei Jahren, hat sich auch die Idee für ein überregionales ARGE ALP-Projekt entwickelt.

Im Frühjahr 2022 versammelte in Innsbruck ein groß angelegter Expert*innen-Workshop unter dem Projekttitel „Snow.Kids“ zahlreiche Initiativen aus dem ARGE ALP-Raum, die sich mit dem Themenkomplex „Kinder und Jugendliche – Lawine – Ausbildung“ auseinandersetzten. Es war eine Premiere, dass zu diesem Thema eingeladen wurde. Engagierte Lehrer*innen, Alpenvereinsfunktionär*innen, Vertreter*innen zahlreicher Initiativen – wie auch die Alpenvereinsjugend mit risk´n´fun – gaben dabei einen Einblick in die aktuelle Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den winterlichen Bergen. Die Einladung zu diesem Workshop mit Impulsvorträgen und fachlichem Austausch erfolgte von der Tiroler Landesregierung gemeinsam mit dem Projektteam – bestehend aus Lawinenwarndienst Tirol, Bergrettung Tirol und Österreichischem Alpenverein.

Snow InstituteDer Workshop wurde wegweisend für den folgenden Arbeitsprozess der Projektträger. Seitens des Alpenvereins sind die Abteilungen Bergsport und die Alpenvereinsjugend/risk´n´fun mit der Umsetzung des Projektes betraut. Die Inputs, Fragen und Bedürfnisse der einzelnen Initiativen waren während der vergangenen Monate ein verlässlicher Kompass für das weitere Projektdesign. Jetzt, eineinhalb Jahre später, präsentiert das ARGE ALP-Projekt „Snow.Kids“ mit dem snow institute eine virtuelle Plattform, die mit einheitlich ausgearbeiteten Lehrunterlagen die praktische Arbeit von Schulen und lokalen und regionalen Initiativen in Österreich, Italien, Deutschland und der Schweiz zum Thema „Schnee, Eis und Lawine“ unterstützen wird.

„Mit dem snow institute gibt es nun eine offizielle Plattform, wo Lehrer*innen, ehrenamtlich Tätige, Instruktor*innen, Freerider*innen, Eltern und generell Interessierte andocken können. Es freut uns sehr, dass wir mit unserer langjährigen Erfahrung und Kompetenz seitens der Abteilungen Bergsport und Alpenvereinsjugend dieses überregionale Projekt unterstützen können“, meint Matthias Pramstaller, Leiter der Abteilung Jugend beim Alpenverein.

Vieles für die Praxis

Das Herzstück sind zum einen die angebotenen Lehr- und Lernunterlagen. Diese spiegeln den aktuellen Stand der Lehrmeinungen wider und vermitteln Basics zu Schnee, Lawinenkunde oder Erste-Hilfe-Themen. Formal ist alles einheitlich aufbereitet, bei Bedarf können PowerPoint-Präsentationen oder Grafiken unkompliziert und kostenlos heruntergeladen werden.

Für „Stakeholder“ – all jene, die mit jungen Menschen in den winterlichen Bergen unterwegs sind, wird zusätzlich in den kommenden Monaten die Möglichkeit angeboten, in einem Workshop Impulse für das Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen im Gelände abzuholen. Die Konzeptionierung und Umsetzung wird dabei seitens der Alpenvereinsjugend und risk´n´fun erfolgen.

Und last but not least gibt das snow institue jungen Freerider*innen oder auch interessierten Eltern einen Überblick über die vielfältigen Ausbildungsangebote im Alpenraum und bietet auch einen Landeplatz, der zu fachlichem Austausch anregen soll. Denn vor allem die Arbeit mit jugendlichen Ski- und Snowboardfahrer*innen im freien Gelände impliziert auch immer eine sehr große Verantwortung. Und hier sollen begleitend und beratend Impulse für eine noch bessere Arbeit gesetzt werden.

Markus IsserAuch für Bergretter*innen sind Lawineneinsätze, an denen Kinder und Jugendliche beteiligt sind, eine enorme psychische Belastung. Es sind Bilder, die selbst für erfahrene Rettungsteams nicht einfach zu verarbeiten sind. Es sind Bilder, die unbedingt verhindert werden müssen, und die Prävention ist wohl der einzige Weg dazu. Wir als Bergrettung steuern dazu unsere Expertise zur Alarmierung bei einem Notfall und insbesondere die Maßnahmen zur Ersten Hilfe bei. In den letzten Jahren verstarben nur im Bundesland Tirol durchschnittlich zwei Jugendliche unter einer Lawine. Deshalb müssen wir gemeinsam alles daran setzen, um diese Zahl auf null zu bringen.(Markus Isser, Bergrettung Tirol)

 

Christoph MittererWer sich schon immer gefragt hat, warum Schnee weiß ist und er ausgerechnet bei 0° C schmilzt, der ist hier genauso richtig, wie jemand, der anderen die Kameradenrettung nach einem Lawinenabgang beibringen möchte. Die größten Herausforderungen bei der Projektumsetzung lagen dann wohl im Abdecken der wahnsinnigen Bandbreiten von Initiativen, aber auch der unterschiedlichen Zielgruppen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreffen. Denn egal, ob Schule, professionelle Initiative oder ehrenamtlicher Kurs, alle sollen vom snow.institute profitieren.“ (Christoph Mitterer, Projektleiter Snow Kids, Lawinenwarndienst Tirol)

Die Webseite www.snow.institute ist ab dem 11.11.2023 online.

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Dani Tollinger ist seit 2000 im Leitungsteam von risk'n'fun und für die Gesamtleitung verantwortlich.

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